Kommunikation – Wie spreche ich erfolgreich mit meinem Ausbildungsbetrieb?

In der Ausbildung bist du als Auszubildender bzw. Auszubildende oft zum ersten Mal so richtig in der Arbeitswelt unterwegs. Die langen Arbeitszeiten im Vergleich zur Schule, die manchmal unfreundlichen Anweisungen deines Ausbilders bzw. deiner Ausbilderin oder der Schwierigkeitsgrad, der dir übertragenen Aufgaben, sind für dich am Anfang vielleicht noch ungewohnt.

Was davon ist normal für deine Ausbildungsrichtung? Was muss man sich als Auszubildender bzw. Auszubildende nicht gefallen lassen? Was ist gesetzlich erlaubt? In unseren Artikeln zu den Themen in der Ausbildung findest du eine rechtliche Einschätzung mit Tipps und Hinweisen für die richtigen Ansprechpartner und Ansprechpartnerinnen.

Hier wollen wir dir einige Tipps mit an die Hand geben, wie du mit diesen Ansprechpartnern und Ansprechpartnerinnen zu deinen Rechten und Anliegen gut ins Gespräch kommen und sie durchsetzen kannst.

Melde dich gerne bei uns, wenn du bei der Vorbereitung oder Nachbereitung eines solchen Gespräches Unterstützung brauchst.

1. Warum sollte ich mit meinem Betrieb das Gespräch suchen?

Ein Gespräch mit einem oder einer Vorgesetzten zu führen erfordert manchmal etwas Mut. Aber nur wenn du Themen, die dich stören, auch ansprichst, wird sich langfristig etwas verändern.

Aus diesen Gründen solltest du das Gespräch suchen:

  •  Es geht um deine Ausbildung! Veränderung passiert nicht von alleine.

Von deinem Ausbildenden die notwendigen Ausbildungsinhalte so vermittelt zu bekommen, dass du sie verstehst und deine Abschlussprüfung erfolgreich absolvieren kannst, ist die wichtigste Pflicht deiner oder deines Ausbildenden. Manchmal muss man sie an diese Pflicht erinnern. Auch musst du deiner Lernpflicht nachkommen. Was du dafür brauchst, kann (oder will) dir deine Ausbildende oder dein Ausbildender nicht an der Nase ablesen. Teil dich mit, wenn dir etwas schwer fällt oder du es nicht verstanden hast. Frag nach. Mach dich bemerkbar. Sei hartnäckig. Je früher, desto besser. Ausbildung ist nicht dazu da, Zeit abzusitzen oder für wenig Vergütung Routinearbeiten erledigen zu müssen.

  • Du bist in deiner dualen Ausbildung gesetzlich gut abgesichert!

Jede Ausbildung in Deutschland ist gesetzlich geregelt. Gesetze wie das Berufsbildungsgesetz (BBiG), das Arbeitszeitgesetz, das Jugendarbeitsschutzgesetz oder das Bundesurlaubsgesetz regeln die Rahmenbedingungen für deine Ausbildung.
Welche Ausbildungsinhalte du in deinem Betrieb während deiner Ausbildung lernen solltest, beschreibt der jeweilige Ausbildungsrahmenplan als Teil der Ausbildungsordnung. Deine Ausbildende bzw. dein Ausbildender ist verpflichtet die Inhalte deiner Ausbildung angelehnt an diesen Ausbildungsrahmenplan sachlich und zeitlich zu gliedern (Pflichten Ausbildender).
Hält sich dein Betrieb nicht an diese Gesetzesvorgaben solltest du dich über diese informieren und kannst darauf in Gesprächen hinweisen und Änderung verlangen. Für Tipps und Unterstützung stehen wir gerne zur Verfügung.

  • Ausbildungsplatzwechsel ≠ Alles Neu, alles anders

Du kannst bei den entsprechenden Voraussetzungen deinen Ausbildungsbetrieb wechseln, wenn es einfach nicht (mehr) passt. Aber auch in einem neuen Betrieb musst du dich vielleicht mit komischen Kollegen und Kolleginnen, unfreundlichen Kunden und Kundinnen, Urlaubsplanung oder ungeliebten Aufgaben auseinander setzen. Für dich ist die Ausbildung oft die erste echte Erfahrung in der Arbeitswelt. Zu dieser Erfahrung gehört dazu, sich gut mit Problemen und Konflikten am Arbeitsplatz auseinander setzen zu können. Versuche dich also auch herauszufordern und Kommunikation zu üben, ehe du gleich das Handtuch wirfst.

2. Wie kann ich mein Problem gut formulieren?

Ein Problem oder ein Anliegen zu formulieren ist nicht immer so einfach. Hier wollen wir dir ein paar Tipps geben, die dazu beitragen, dass deine Ausbildende bzw. dein Ausbildender dein Anliegen verstehen und auch darauf reagieren kann:

4 Schritte gelungener Kommunikation
Um dein Anliegen auf den Punkt zu bringen, kann es dir helfen dein Anliegen anhand der folgenden Schritte zu formulieren. Das kannst du auch vor dem Gespräch mal schriftlich oder im Rollenspiel mit einem Freund üben:

  1. Situation beschreiben: Was ist los mit mir?
    Beschreibe möglichst neutral, um welches Anliegen oder Problem es geht. Versuche Vorwürfe oder Anschuldigungen zu vermeiden und Ich-Botschaften (s. unten) zu verwenden.
  1. Gefühl: Wie geht es mir damit?
    Wie fühlst du dich, wenn diese Situation auftritt? Deine Ausbilderin oder dein Ausbilder versteht so, dass es dir mit deinem Anliegen ernst ist. Gefühle kann sie oder er nicht wegdiskutieren.
  1. Begründung: Warum ist das so?
    Erkläre, warum dich dein beschriebenes Anliegen bewegt und warum du glaubst, dass sich etwas ändern muss.
  1. Bitte: Was soll sich verändern oder verbessern?
    Der wichtigste Punkt! Überlege dir, was dein Ausbildender konkret tun kann oder soll, damit es dir besser geht. Achte darauf dies als Wunsch oder Bitte aus deiner Perspektive zu formulieren!

Beispiel:
Meine Arbeitszeit am Montag beträgt laut meinem Arbeitszeitnachweis seit Wochen 10,5 Stunden. Laut Ausbildungsvertrag sind nur 40 Stunden pro Woche vereinbart. Diese werden durch den langen Montag regelmäßig überschritten (Situation).
Das verstehe ich nicht. Das frustriert mich und ich bin mittlerweile ziemlich erschöpft (Gefühl).
Durch meinen langen Heimweg und die lange Arbeitszeit am Montag bin ich am Dienstagmorgen in der Berufsschule immer so müde, dass ich kaum aufpassen kann. Länger als 10 Stunden pro Tag darf ich in unserer Branche außerdem gesetzlich nicht arbeiten (Begründung).
Ich möchte Sie bitten, dass meine vereinbarte Arbeitszeit als Auszubildende bzw. als Auszubildender eingehalten wird. In Ausnahmefällen kann ich gerne mal aushelfen, wenn wir einen entsprechenden Ausgleich vereinbaren. (Bitte)

Ich-Botschaften
Ich-Botschaften können ein echtes Wundermittel sein, um dein Anliegen so zu formulieren, dass deine Ausbilder bzw. dein Ausbilder es auch verstehen und annehmen können.
Zweck der Ich-Botschaften ist es dein Problem oder Anliegen aus deiner Perspektive zu beschreiben. So vermeidet man ausschließlich Anschuldigungen oder Vorwürfe an die Ausbilderin bzw. den Ausbilder zu stellen. Fühlen diese sich nur angegriffen, reagieren sie weniger positiv auf deine Bitte oder es fällt ihnen schwer deine Sicht auf das Problem zu verstehen.
Das Gegenteil einer Ich-Botschaft ist eine so genannte Du/Sie-Botschaft. In der folgenden Tabelle haben wir die wichtigsten Unterschiede zwischen Ich- und Du-Botschaft aufgelistet.

Du – Botschaft

z.B. Sie behalten mich jede Woche zu lange da. Das dürfen sie gar nicht!

    • Kritik
    • Schuldzuweisung
    • Beleidigungen
    • Angriff
    • Zeigt wenig Respekt gegenüber der Bedürfnisse und Gefühle des Anderen
    • Erzeugt beim Gegenüber Abwehr und Rachegefühl

Ich – Botschaft

z.B. Ich bin erschöpft und unaufmerksam, weil ich die ganze Woche länger gebraucht wurde und so Überstunden gemacht habe.

    • Von sich selber sprechen
    • Der andere wird nicht verurteilt oder abgestempelt.
    • Die Situation wird sachlich besprochen.
    • Die eigenen Bedürfnisse und Gefühle werden ausgedrückt.
    • Der Andere ist bereit über sein Handeln nachzudenken, es kommt nicht zum Kontaktstopp, es wird ein besseres Verständnis erzeugt.

Das macht eine gute Ich-Botschaft aus:

  • Von dir selbst und deiner Sicht auf die Situation sprechen
  • Anschuldigungen vermeiden
  • Konkrete Beispiele verwenden
  • Verallgemeinerungen vermeiden („immer“, „nie“, „jeder hier“, „keiner“)

Weitere Beispiele für hilfreiche Ich-Botschaften statt Du-Botschaften:

Du-Botschaft

„Sie haben nie Zeit für mich!“
„Niemanden hier interessiert es, ob ich meine Ausbildung erfolgreich schaffe!“
„Sie geben mir immer nur Arbeiten, die sonst keiner machen will!“

„Du verhältst dich mir gegenüber wie das letzte Arschloch!“

Ich-Botschaft

„Ich brauche regelmäßiger Unterstützung bei meinen Aufgaben.“
„Ich habe Sorge, dass ich meine Ausbildung nicht schaffe. Meine Mitschüler und Mitschülerinnen in der Berufsschule konnten schon viel mehr Lerninhalte in ihrem Betrieb aktiv anwenden.“
„Ich bearbeite in den letzten Monaten meistens die gleichen Aufgaben. Ist es möglich, dass Sie mich bald wieder in ein neues Themengebiet einführen? Laut Ausbildungsplan wäre für das erst Lehrjahr z.B. noch XXX vorgesehen.“

„Ich verstehe, dass ich einen Fehler gemacht habe, das war keine böse Absicht. Ich wünsche mir von dir einen anderen Ton.“

3. Wie führe ich ein Gespräch in der Ausbildung erfolgreich?

Probleme in der Ausbildung anzusprechen ist manchmal nicht ganz einfach. Chefs oder Chefinnen schlagen ihre Tür hinter sich zu, die Ausbilderin oder der Ausbilder sind durch Teilzeit nur einmal die Woche gleichzeitig wie du im Betrieb oder kommen von sich aus selten auf dich zu.

Nachdem du im vorherigen Abschnitt ein paar Tipps für eine gute Formulierung deines Anliegens bekommen hast, folgen hier ein paar Hinweise wie, wo und wann man ein wichtiges Gespräch am besten führt:

Vor dem Gespräch zu klären:

  1. Was will ich?

Konkretes Ziel für das Gespräch setzen! Achte darauf, dass es ein realistisches Ziel ist. Z.B.:
Bei Konflikt mit Kollegen soll Chef bzw. Chefin als neutraler Dritter helfen. (Nicht sagen: Der Kollege/ die Kollegin soll rausgeworfen werden)
Einen festen Rücksprachetermin pro Woche vereinbaren. (Nicht sagen: Ausbilder bzw. Ausbilderin muss immer sofort für meine Fragen verfügbar sein)

  1. Wer ist der richtige Ansprechpartner/ die richtige Ansprechpartnerin?

Ausbilder/ Ausbilderin, Chef/ Chefin, Kollege/Kollegin…? Mit wem spreche ich zuerst? Wen kann ich um Unterstützung für weitere Gespräche bitten?

  1. Was ist mein Recht? Was ist erlaubt?

Über Gesetzliche Vorschriften informieren. Z.B. hier auf unserer Homepage oder direkt bei uns.

  1. Was sind meine Argumente?

Was spricht für mein Anliegen? Z.B. bessere Motivation, Konzentration, rechtliche Vorschrift, Ruf der Firma, erfolgreicher Abschluss, schneller und besser eigenständig Arbeiten übernehmen können usw.

  1. Welche Kompromisse kann/ will ich eingehen?

Im Unterschied zu 1.: Mit welcher Lösung wäre ich gerade noch zufrieden? Welche Angebote kann ich machen?
Z.B. jetzt noch Überstunden, aber ab März nicht mehr; Hilfe beim Umzug der Firma, aber nur zwei Stunden…

  1. Wer hilft mir in der Vorbereitung?

Azuro, Berufsschulsozialarbeit, Freunde und Freundinnen, Kollegen und Kolleginnen…

  1. Wann ist ein guter Zeitpunkt für das Gespräch?

Wann ist der Ansprechpartner bzw. die Ansprechpartnerin da und kann gut zuhören? Hilfreich ist es oft einen Termin zu vereinbaren: „Wann hätten Sie im Laufe des Tages/ der Woche Zeit, dass ich mit Ihnen über etwas Wichtiges sprechen kann?“

Während des Gesprächs:

  1. Aussprechen lassen
  2. Zuhören
  3. Nachfragen

Begriffe unverständlich? Aussagen deines Gesprächspartners/ deiner Gesprächspartnerin unklar? Nachfragen!

  1. Angemessener Ton

Gute Kontrolle für dich: Wenn deine Stimme zu sehr zittert oder du gar nicht mehr höflich bleiben kannst, bitte rechtzeitig um eine Unterbrechung oder einen Abbruch des Gespräches.

  1. Ich-Botschaften
  2. Körpersprache

Augenkontakt halten, Arme nicht verschränken, fürs Gespräch hinsetzen und gerade sitzen.

  1. Auf klare Vereinbarung am Ende des Gesprächs bestehen

z.B.
– Wöchentliche Unterweisung wird ab nächster Woche jeden Mittwoch für ein bis zwei Stunden stattfinden
– Ausbilder bzw. Ausbilderin denkt bis zum erneuten Gesprächstermin, den ihr für die nächste Woch vereinbart habt, über dein Anliegen nach
– Kollegin wird von deinem Ausbilder bzw. deiner Ausbilderin über eure Absprache informiert und für deine Anliegen bis Ende des Monats  versuchen eine Lösung zu finden

Nach dem Gespräch:

  1. Geduld haben

Veränderung braucht Zeit.

  1. Dranbleiben

Nicht nur einmal nachfragen. Hartnäckig bleiben, wenn nach geduldig sein Vereinbarung nicht eingehalten wird.

  1. Hilfe suchen

Wenn man selbst nicht mehr weiterkommt, z.B. bei uns oder unserer Liste von Ansprechpartnern/ Ansprechpartnerinnen und Unterstützungsmöglichkeiten.